WIR 68 - April 2022

RMC Mittelbaden e.V. Nr. 68 Herr Timme zeigte uns die Reste der ehemaligen Stadtbefestigung - seinerzeit übrigens im Auftrag des Kaisers erbaut - führte uns zum Hirschturm und dem Bastionsturm als Sitz der Bürgerwehr. Es ging durch malerische Gässle und Winkel und unser Führer betonte das harmonische Miteinander von Fachwerkhäusern und Jugendstilbauten der Zeller Hauptstraße. Wahrlich ein Ambiente von Nostalgie und kleinstädtischer Betriebsamkeit - die Homepage von Zell übertreibt nicht, denn stille Ecken und pulsierendes Leben liegen hier wirklich nur wenige Schritte auseinander. Stadtführer Timme hatte bei seinem unterhaltsamen Spaziergang durch das 1139 gegründete und damit fast 900 Jahre alte Städtle mit seiner stolzen Vergangenheit richtig viel zu erzählen, z.B. dass Zell im Mittelalter sogar - wenn auch die Kleinste - so doch Freie Reichsstadt im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation war. Ein ganz wichtiger Punkt der Stadtgeschichte ist die 1794 gegründete Zeller Keramikmanufaktur. Die Rede war von 250 Jahren Keramikherstellung, wobei ich beim Nachrechnen etwas ins Grübeln gekommen bin. So oder so, auf das weltbekannte Hahn-und-Henne-Dekor wäre jedenfalls ganz besonders hinzuweisen. Darüber hinaus wurde über 100 Jahre auch Porzellan hergestellt, das als berühmtes Fürstengeschirr in gehobenen Kreisen geschätzt war. Die Stadt Zell würdigt ihre „porzellanerne“ Vergangenheit derzeit übrigens mit dem Bau eines sogenannten Rundofens. Das ist ein einmaliges Industriedenkmal, für das man immerhin 3,5 Mio. € investiert und das am 14. Mai 2022 feierlich eröffnet werden soll. Auch über etliche berühmte Söhne und Bewohner der Stadt hatte unser Guide viel zu erzählen, dabei fielen Namen wie Voltaire, der berühmte Uhrenhersteller Junghans, Henrie Mansard der Architekt von Versailles, Hermann Hesse und viele mehr. Der Wichtigste von allen war wohl Franz Josef Ritter von Buß (geboren am 23. März 1803), der als Abgeordneter im Badischen Landtag die sogenannte „Fabrikrede“ hielt, in der er sich zum Wortführer für mehr soziale Gerechtigkeit macht. Später wurde er vom österreichischen Kaiser für seine Verdienste für Österreich geadelt und in den Ritterstand erhoben. 38

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