WIR 72 - August 2023

RMC Mittelbaden e.V. Nr. 72 WIR von Wolfgang Kiebel s begann 2020, als die Nachfrage nach Wohnmobilen auf Grund der veränderten Reisemöglichkeiten durch Corona einen neuen Schub bekam. Doch schon vor dieser Einschränkung begannen sich viele für Wohnmobile zu interessieren. Jetzt rechnet man wieder mit einer Normalisierung des Marktes. In YouTube kursieren die ersten Beiträge zu diesem Thema – was auch zu dieser Betrachtung der Anlass ist. Damals berichteten alle Medien (seit dem Kriegsbeginn in der Ukraine täglich) von steigenden Energie- und sonstigen Versorgungsengpässen. Die Folge waren Panikkäufe und dramatisch steigende Preise bei fast allen Produkten des täglichen Bedarfs. Selbst der Kanzler nahm Stellung mit seinem Doppelwumms. Viele Hersteller verfolgten aber skeptisch den Markt, hielten das für eine kurzfristige Blase und beließen deshalb ihre Produktionskapazitäten auf dem gleichen Niveau. Das führte zu einer Verknappung und längeren Lieferzeiten, aber auch zu geänderten Kaufverhandlungen. Denn jetzt kam die Stunde der Marktwirtschaft. Endlich, nach vielen Jahren der Stagnation und kaum akzeptierten Preisanhebungen, hatte man plötzlich gute Argumente für deutliche Steigerungen. Denn vor allem die Berichte in den Medien lieferten die Gründe und waren damit ein hochwillkommener Anlass endlich kräftig zuzulangen. So kletterten die Verkaufspreise bei Wohnmobilen, zusammen mit der Nachfrage, selbst bei Gebrauchten deutlich. Geld war offensichtlich vorhanden oder günstig zu bekommen. Doch das ändert sich gerade. Die Zinsen steigen mit der Inflation und so mancher Wunsch bleibt damit unerfüllt. Man muss kein Fachmann sein, um zu erkennen, dass damit die heiße Phase der goldenen Zeiten schon wieder zu Ende ist. Das Interesse ist zwar immer noch hoch, aber die Realisierung fällt schwerer. Hinzu kommt, dass mit Ende der Corona-Krise auch wieder andere Reisemöglichkeiten in Frage kommen. Pauschaltourismus ist wieder möglich und beliebte Reiseziele werben um Kundschaft. Zwar stiegen auch hier die Preise, doch steigt ja auch das Einkommen - wenn auch bescheidener. Ein Phänomen ist das nicht – und so werden sich einige der neuen Camper wieder umorientieren. Auch weil viele merken, dass so ein Wohnmobil keine billige Alternative ist, mit der man überall umsonst stehen darf. Vergleicht man alle Kosten, wie Anschaffung, Werkstattkosten, Abstellplatz, Pflege, TÜV, Diesel, Maut und Campingplatz- bzw. Stellplatzkosten, so kommt eine Ferienwohnung deutlich günstiger und man braucht sich um nichts kümmern, keine Toilette leeren, kein Wasser bunkern und warten bis die V/E-Station frei ist, keine Putzerei des Wohnmobils und kein Ärger, weil der Nachbar auf dem Stellplatz so dicht aufrückt oder man Wartezeiten in Kauf nehmen muss, weil der Lieblingsplatz gerade ausgebucht ist. Sicher werden manche hängen bleiben und ebenso begeisterte Wohnmobileigner werden. Doch der große Run auf Wohnmobile aller Art dürfte sich langsam wieder auf Normalmaß zurückentwickeln. Was aber bleibt, sind die jetzt guten Margen der Hersteller und Händler, die aber unisono weiterhin über die Löcher im Käse jammern, so wie sie das immer schon gemacht haben. E Ist der Boom vorbei? 27

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